Mit Need for Speed Unbound meldet sich die Need for Speed-Reihe zurück, doch schafft es der Ableger an die alte Stärke anzuknüpfen?
Need for Speed Unbound – so heißt der Titel, mit dem sich die alt-etablierte Rennspiel-Serie aus dem Hause Criterion beziehungsweise Electronic Arts zurückmeldet. Nachdem die letzten Ableger nicht wirklich überzeugen konnten, ging es zumindest mit „Heat“ wieder in die richtige Richtung. Jetzt soll Unbound also wieder das Ruder herumreißen und die NFS-Reihe zu alter Stärke führen. Schafft es der neue, rasante Racing-Titel, die Serie aus dem Mittelmaß zu holen? Wir haben uns das Spiel angeschaut und verraten euch die Antwort!
Von Underground zu Unbound
Die meisten und vermutlich größten Need for Speed-Fans haben die Serie in ihrer Kindheit oder Jugend und damit auf ihrem Höhepunkt erlebt. Daher verbinden sicherlich nicht wenige Leute die Serie mit schönen, nostalgischen Erinnerungen. Doch nicht nur die Nostalgie hat an einen Anteil am einstigen Erfolg des Franchises, sondern gerade die „Underground“ getauften Ableger haben sich sehr großer Beliebtheit erfreut. Nicht zuletzt wegen der schier unendlichen Tuning-Möglichkeiten und mit einem so genial zusammengestellten Soundtrack, dass wir heute nur schon beim Denken daran die Pommesgabel formen und headbangen!
Jedoch ging die Serie spätestens mit dem Wechsel des Entwicklerstudios zu „Ghost Games“ in eine völlig andere Richtung, die sich nur noch wenige Freunde machen konnte. Kein Wunder also, dass mit dem neuesten Ableger wieder alles besser werden sollte und der Titel zurück in die Hände von Criterion wanderte. Und die wissen, was die meisten NFS-Fans erwarten: Spaß am Geschwindigkeitsrausch! Der Beiname „Unbound“ vermittelte dieses Gefühl schon auf dem Zettel, doch fühlt es sich drinnen auch so an?
Willkommen in Lakeshore!
Bevor wir auf das Gameplay eingehen, sollten wir euch natürlich noch einmal die Rahmenbedingungen erläutern, die uns Need for Speed Unbound gibt. So schlüpfen wir in die Rolle eines Streetracers, den wir uns vorher erstellen können. Als solcher machen wir die Straßen der Metropole Lakeshore unsicher, die der echten Stadt Chicago nachempfunden ist. Die Spielwelt von Lakeshore lässt uns frei durch die verschiedenen Szenerien fahren, die sich aus Landstraßen und engen Gebirgspässen, aber auch Highways und einem urbanen Straßendschungel zusammensetzt.
Beim Fahren durch die Welt können wir verschiedene Sammelobjekte suchen und einsammeln oder zerstören und uns natürlich zu bestimmten Event-Locations begeben, an denen wir illegale Straßenrennen mit anderen Rasern veranstalten. Die unterteilen sich beispielsweise in einfache Rundenrennen, Hochgeschwindigkeits-Duelle oder auch Takeover auf. Bei Letzterem gilt es, Objekte zu zerstören, den Boost und Drift zu nutzen um so den Kombozähler zu erhöhen und Punkte zu sammeln. Nebenbei erzählt das Spiel aber natürlich auch eine Geschichte.
Nicht du, Yaz!?
Innerhalb der Geschichte arbeiten wir anfangs mit einer anderen Rennfahrerin zusammen, die auf den Namen „Yaz“ hört und in derselben Werkstatt arbeitet, nämlich der von unser beider Ziehvater „Rydell“. Er hat uns beiden eine zweite Chance gegeben, nachdem wir aus dem Knast gekommen sind. Allerdings ist Yaz der Meinung, dass Rydell uns viel zu wenig bezahlt und hintergeht uns so letztendlich. Sie lässt die getunten Karren, darunter auch unser Auto, mitgehen und uns enttäuscht zurück. Selbstverständlich wollen wir das nicht auf uns sitzen lassen, und so beginnt die gut 30-stündige Rachegeschichte.
Fortan haben wir vier Ingame-Wochen Zeit, uns für das Grand Final-Turnier zu qualifizieren, bei dem wir uns rächen können. Doch bis es so weit ist, müssen wir einiges an Geld verdienen, mit dem wir neue Autos freischalten und verbessern können. Insgesamt müssen wir vier Qualifiezierungsrennen gewinnen, damit wir am großen Turnier teilnehmen dürfen. Zugegebenermaßen klingt das alles nicht sonderlich „neu“ oder „spannend“, ist aber definitiv besser als alles, was wir in den letzten Jahren geboten bekommen haben.
Entschuldigung, aber nein
Etwas Frische bringt auch der neue Artstyle von Need for Speed Unbound mit herein, der definitiv nicht jedem gefällt. Denn sowohl die speziellen Geschwindigkeitseffekte als auch die Charaktere sind in einem Comic-Look gehalten, der nicht an allen Stellen im Spiel gelungen ist. Sowieso braucht es einige Stunden Eingewöhnungszeit, bis wir sagen können „Ja, doch, der Stil hat was!“. Das bezieht sich allerdings nur auf die Effekte, die wir beim Fahren sehen, wenn wir beispielsweise in den Drift gehen, über Rampen fliegen oder den Boost zünden.
Ansonsten wirkt dieser Look eher wie ein Fremdkörper, der in einer realistisch dargestellten Welt überhaupt nichts verloren hat. Wir reden hier vor allem über die Charaktere, die kein bisschen „Stil“ haben, sondern künstlich in die Welt gesetzt wirken. Inklusiver dieser gezwungen „coolen Attitüde“, die jeder Charakter vorweist und mit „nicen Sprüchen“ um die Ecke kommt. Entschuldigung, aber nein.
Anpassungsmöglichkeiten
Zwar versucht Need for Speed Unbound eine realistische Welt zu erschaffen und legt dabei auch Wert auf die Gestaltung von Lakeshore, doch um eine Rennsimulation handelt es sich hier nicht. Stattdessen steht vor allem der Spielspaß an erster Stelle und eine richtig aggressive Herangehensweise. Was wir damit meinen? Stellt euch vor, ihr brettert mit einem Sportboliden, der gerade so über dem Asphalt schwebt, durch die Gegend, der zudem noch in einer knalligen Signalfarbe lackiert ist und von oben bis unten aussieht, als hätte sich ein Graffiti-Künstler daran ausgetobt. Ihr schießt also mit gut 300 km/h über die Straße, verfolgt von zig Polizeiwagen und einem Helikopter, der euch versucht im Auge zu behalten.
Das Schöne ist, dass ihr die Optik des Autos in ziemlich vielen Aspekten anpassen könnt. Das reicht von der Felge, über das Chassis bis hin zur Verschönerung mit Stickern. Der Fantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt, lediglich wenn es ans Tuning geht, gibt es natürlich gewisse Vorgaben an Gegenständen, die sich in die Karre einbauen lassen. Bei der Optik haben wir aber komplett freie Hand. Was die Leistung betrifft, können wir aus verschiedenen Kategorien wählen, wie beispielsweise das Fahrwerk oder die Motorenteile, aber auch der Auspuff.
Verschiedene Leistungsklassen
Je besser die Teile sind, die wir verbauen, desto höher ist die Leistungsklasse unseres Boliden. Das Spektrum reicht dabei vom unteren Ende mit „B“ zum oberen Ende „S+“, wobei die Anforderungen nicht mit fortlaufender Spielzeit steigen, sondern die Fahrzeuge bestimmen, an welchen Rennen wir teilnehmen können. Ist unser Auto in der Kategorie A, können wir auch nur Rennen dieser Kategorie fahren – und nicht von S oder B. So können wir mehrere Fahrzeuge in unterschiedlichen Klassen haben, und uns aussuchen, an welchem Event wir teilnehmen möchte.
Außerdem lassen sich die Fahrzeuge in zwei verschiedene Richtungen, was das Fahrverhalten, entwickeln: Grip oder Drift. Mit Grip sind die Fahrzeuge natürlich deutlich besser bei geraden Strecken und Geschwindigkeit, während Drift – wer hätte es gedacht – besser ist, wenn wir viele driften müssen. Obendrein lassen sich die Fahrzeuge noch auf Straße oder Offroad einstellen. Das erfordert natürlich eine breite Aufstellung unserer Garage. Das Freischalten von Autos geht schon gut ins Geld, da kommt uns gerade recht, dass alle Teile, die wir freischalten, auch für alle Fahrzeuge gelten. Puh!
Keine Gnade
Um in Need for Speed Unbound zu kommen, müssen wir einen gesamten Tag überstehen, der sich natürlich einmal in den Tag an sich, und einmal in die Nacht, unterteilt. Haben wir einen Tageszyklus abgeschlossen, bekommen wir das Geld gutgeschrieben. Es liegt also in unserem Ermessen, wie viel Risiko wir gehen wollen, denn die Polizei findet es nicht so schön, wenn wir Tag und Nacht an illegalen Straßenrennen teilnehmen. Je mehr Events wir abschließen, desto höher steigt unsere Fahndungsstufe, von denen es insgesamt fünf gibt. Pro Stufe steigt die Gefahr für uns, da die Polizei anders gegen uns vorgeht.
Bei Stufe eins beispielsweise jagen sie uns mit einfachen Polizeiwagen, die keine Chance haben. Nach und nach kommen dann spezielle Rennautos der Polizei, sowie Straßensperren mit Nagelbändern, Helikopter oder auch Undercover-Fahrzeuge hinzu. Gerade am Anfang müssen wir sehr Risiko und Gewinn abwägen. Denn, werden wir von der Polizei geschnappt, ist alles, was wir bis dahin an möglicher Belohnung angesammelt haben, weg. Das ist doppelt ärgerlich, denn die KI in Unbound schenkt uns wirklich nichts. Es gibt zwar kein wirkliches Gummiband, aber die KI zeigt keine Gnade. Ist unser Auto zu lahm und kann nicht mit dem besten Auto mithalten, werden wir auch keinen vorderen Platz ergattern können.
Runde Sache
Das Gameplay an sich ist aber sehr überzeugend, vor allem weil es neben dem normalen Boost noch eine Art „kleinen“ Boost gibt, der sich in drei Stufen auflädt, wenn wir beispielsweise im Windschatten eines anderen fahren. Ist eine der Stufen aufgeladen, können wir auf Knopfdruck einen Bonus-Schub auslösen, der nicht nur optisch was hermacht, sondern auch für einen Geschwindigkeitsrausch sorgt.
Technisch gesehen läuft Unbound auch sehr rund. Auf einer PlayStation 5 werden wir mit durchgehend flüssigen 60 FPS belohnt. Lediglich beim Bildaufbau hat der Titel ab und zu Probleme, aber wer kann das der Engine übel nehmen, wenn wir uns gefühlt mit Lichtgeschwindigkeit über die virtuelle Welt bewegen?
Fazit
„Need for Speed Unbound macht erstaunlich viel Spaß und richtig. Mit dem Wechsel zurück zu Criterion hat Electronic Arts einen richtigen Schritt getan, denn die wissen, was sie tun. Zwar kann ich nicht sagen, dass mich der neueste Ableger so begeistert hat, wie es Underground 2 einst tat, aber Unbound hat mich definitiv mehr begeistert als die letzten drei Ableger zusammen. Optisch kann sich der Titel sehenlassen, lediglich bei den komischen Comic-Charakteren zündet der Stil überhaupt nicht. Die Möglichkeiten zum Tuning und zum Anpassen der Optik der Karren bieten einiges an Spielraum und nicht zuletzt überzeugt das Gameplay auch definitiv. Wer auf arcadige Action-Racer steht, sollte auf jeden Fall einen Blick wagen. Für Simulations-Fanatisten ist es aber wahrscheinlich zu unrealistisch.“
Der PS5-Review-Key wurde uns freundlicherweise von Sony Interactive Entertainment Europe zur Verfügung gestellt.