Bei Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin ist ein Action-RPG von den Nioh-Entwicklern. Doch wird es dem großen Namen im Titel auch gerecht?
Bei Stranger of Paradise: Final Fantasy Origin handelt es sich um einen Action-RPG-Ableger des bekannten Final Fantasy-Franchises, das von Team Ninja entwickelt wurde. Dass eine Marke nicht nur großartige Spiele hervorbringt, sieht man wohl gerade hier sehr gut. Immerhin existiert Final Fantasy seit 35 Jahren und durchlebte nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen. Doch es reiht sich nicht in die Riege der „Klassiker“ ein, sondern viel mehr eher im durchwachsenen Durchschnitt. Im Gegensatz zu Stranger of Paradise steht vor allem ein beliebter Titel wie der Siebte, dessen erster Teil erst 2020 neu aufgelegt wurde. Für rund 60 Euro wartet auf uns ein unendlich generischer Hauptcharakter mit altbackenen Charakterdesigns und peinlichen Dialogen. Hatten wir trotzdem Spaß damit? Das verraten wir euch jetzt in der Review!
Jack, der Empathische
Zu Beginn des Spiels bekommen wir eine kurze Einführung in die Geschichte und schlüpfen in die Rolle von Jack, einem ziemlich kratzbürstigen Typen, der nicht viele Worte verliert. Sein Ziel ist es, das Chaos zu beseitigen. Warum er das will, wissen allerdings weder wir noch er, noch seine Kameraden Jed und Ash. Auch sie verfolgen das gleiche Ziel, wissen aber ebenso nicht warum. Eine ziemlich gute Grundlage, um die Geschichte zu beginnen, nicht wahr?
Hinzukommt, dass jedes Mal, wenn ein Charakter versucht etwas zu erklären, wie den Problemen im Königreich oder der eigenen Herkunft, Jack ihn unterbricht. Unseren Protagonisten interessiert nur, was es als Nächstes zu tun gibt und das Chaos zu beseitigen. Warum er so davon getrieben ist, weiß er, wie gesagt, nicht mal selbst, aber Erklärungen will er auch keine. Das wirft nicht nur bei euch Fragezeichen auf, sondern vor allem auch bei uns. Erwähnenswert ist auch die Einfühlsamkeit und das Desinteresse von Jack. Ein Nebencharakter führt einen Monolog, den Jack am Ende mit „Bullshit“ kommentiert, Metal-Musik spielen lässt und weggeht. Okay?
Es wird besser!
Das Problem ist, dass die Geschichte nach ein paar Stunden verzwickter wird, sich wendet und doch noch interessant wird. Doch gerade die ersten Stunden sind die, die entscheidend darüber sind, ob wir Lust darauf haben, oder nicht. Können wir uns einfach nicht darauf einlassen und müssen bei jedem noch so kleinen Dialog mit dem Kopf schütteln, gehen wir nicht davon aus, dass es sich noch ändert.
Trotz dessen, dass die Geschichte langsam an Fahrt aufnimmt, bleibt sie des Öfteren im Hintergrund und wird oftmals nur angerissen. So können wir auch keine wirkliche Beziehung zu unseren Team-Kameraden aufbauen. Zwar versucht das Spiel es durchaus an manchen Stellen, aber da wir so gut wie nichts über sie wissen, bringt das nichts. Im Fokus steht stattdessen vor allem eins: Action.
Beute, Beute, Beute!
Davon gibt es bei Stranger of Paradise auf jeden Fall eine Menge. Denn die actiongeladenen Kämpfe können sich sehen lassen uns machen eine Menge Spaß. Das, was unserem Jack an Worten fehlt, macht er mit seinem Schwert wieder wett. Bei diesem Spektakel schnetzeln wir uns zum Klang fetziger Rock-Sounds oder elektronischen Beats durch Missionen, die stark an Raids erinnern. Darin sammeln wir verschiedene Ausrüstungsgegenstände, sowohl für uns, als auch für unsere Begleiter. Und am Ende müssen wir uns natürlich einem Boss stellen, wer hätte das gedacht?
Jedenfalls merken wir hier die Erfahrung, die Team Ninja in Spielen dieser Art sammeln konnte. Immerhin haben sie vorher Spiele wie Nioh oder Nioh 2 entwickelt. Das merken wir vor allem beim Kampf, da die Eingaben sehr präzise und ohne große Verzögerung beim Spiel ankommen. Dadurch lassen sich Angriffe, Blocks und Ausweich-Manöver sehr genau abpassen. Auch deshalb, weil Gegner ihre Attacke mit einer Animation ankündigen. Dadurch entsteht ein flüssiger Ablauf.
Kratos, bist du es?
Treffen lassen sollten wir uns aber nicht, denn die Feinde verursachen durchaus viel Schaden. Allerdings animieren uns Feinde auch zum Blocken, denn jeder von ihnen besitzt einen einzigartigen Angriff. Gelingt es uns, diesen abzuwehren, dürfen wir ihn selbst benutzen und den Gegner damit vermöbeln. Doch nicht alle davon verursachen Schaden, manche fesseln den Gegner auch. Dadurch werden die Kämpfe auch taktischer, als wir gedacht hätten.
Vor allem auch deshalb, weil wir unterschiedliche Arten von Schaden austeilen können und Gegner zwei verschiedene Lebensbalken verfügen. Zum einen, einen ganz normalen Lebensbalken, der die Gesundheit widerspiegelt. Bringen wir diesen auf null, bekommen wir ganz normal unsere Beute. Zum anderen aber eine Fokus-Leiste, die uns, wenn wir sie auf null bringen, einen Finisher ermöglicht. Und die können durchaus brutal ausfallen. Beispielsweise zerquetschen wir kleine Goblins einfach unter unseren Schuhsohlen oder reißen Wölfen das Maul auf. Kratos, bist du es?
Wie cool soll es sein?
Der Einsatz der Finisher fühlt sich in jedem Fall sehr befriedigend an, gerade auch, weil die Kamera nah heranzoomt und wir jedes Detail sehen können. Die besten Ideen hatten die Entwickler*innen wohl bei den Bossgegnern. Dort haben sie wohl wirklich viel überlegt, wie „cool“ sie den Finisher machen können, damit es zu einem kreativ-brutalen Ende kommt. Ob das nun gut ist, oder nicht, dürft ihr für euch selbst entscheiden. Jedenfalls „kommentiert“ Jack die Finisher auch. Wahlweise mit einem hämischen Lachen oder Stöhnen.
Sollten wir aber doch einmal zu viele Treffer einstecken, geht es wieder zurück zum letzten Speicherpunkt. Die sind aber meistens nicht sonderlich weit entfernt, was sehr gut ist. Das Ableben gehört aber auch zum Spielprinzip dazu. Wir müssen insbesondere die Bosse analysieren und einen nahezu fehlerfreien Tanz auf das Parkett bringen, wie in feinster Souls-Manier, um sie zu besiegen.
Klassen für alle
Den Kampfstil dürfen wir uns dabei auswählen, denn im Verlauf unseres Abenteuers in Stranger of Paradise, schalten wir immer mehr Klassen frei. Dazu gehören sowohl behäbige Klassen wie der Krieger, aber auch schnellere wie der Assassine. Es sind aber auch Fernkämpfer oder Magier mit dabei. Unsere Ausrüstung passen wir wahlweise auf Knopfdruck direkt an, oder wir mühen uns durch die sperrigen Menüs. Die Klassen bringen auch eigene Fähigkeiten mit sich.
Auf der PlayStation 5 läuft das Spiel recht in Ordnung, auf einer PlayStation 4 wird das Ganze aber ein eher anstrengender Spaß. Zwar gibt es die Wahl zwischen einem Auflösungs- und Performance-Modus, aber beide Möglichkeiten sind nicht sonderlich akzeptabel. Im Performance-Modus sind Kanten scharf, Texturen matschig und selbst die Framerate kann nicht durchgehend bei 30 bleiben. Im Auflösungs-Modus sieht das schon besser aus, dafür ist die Performance grauenhaft.
Fazit
„Ich bin mit gemischten Gefühlen an Stranger of Paradise rangegangen. Als Final Fantasy-Fan musste ich es mir selbstverständlich anschauen und ich habe mich darauf gefreut. Andererseits wusste ich nicht, was ich davon halten soll, dass die Nioh-Macher sich an einem Ableger versuchen. Am Ende bin ich mit genau derselben Gefühlslage herausgekommen. Gerade die ersten Spielstunden sind wirklich sehr zäh, vor allem weil Protagonist Jack alle Erklärungsversuche abblockt und man so nicht wirklich mehr erfährt, obwohl man will. Nach ein paar Stunden bessert sich das mit der Geschichte und es wird interessanter, aber das Herzstück sind und bleiben die Kämpfe. Die machen sehr viel Spaß und die Finisher sind brutal, aber gut gelungen. Leider ist die Performance und Optik auf einer PlayStation 4 wirklich nicht akzeptabel. Daher sollte Stranger of Paradise auf einer Current-Gen-Konsole genossen werden. Wenn ihr nicht viel auf Geschichte gebt und actionreiche Kämpfe bevorzugt, ist der Titel einen Blick wert.„