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Die Gilde 3 im Test: Hat sich die Wartezeit gelohnt?

Die Veröffentlichung von Die Gilde 3 gleicht einer Odyssee, doch kann die Simulation trotz Wartezeit an den Erfolg ihrer Vorgänger anknüpfen?

Es gleicht fast einem Wunder, dass Die Gilde 3 im Juni dieses Jahres auf den Markt kam. Immerhin wurde der Titel im Verlauf das verantwortliche Entwicklungsstudio von den Kanadiern bei GolemLabs zu den Österreichern von Purple Lamp gewechselt. Außerdem befand sich die Wirtschafts- und Lebenssimulation gleich mehrere Jahre (fünf!) im Early Access. Dabei kam der Titel bei den Fans alles andere als gut an, sodass sich einige negative Bewertungen bei Steam ansammelten. Umso überraschender ist es, dass Die Gilde 3 doch noch als „fertiges“ Spiel das Licht der Welt erblickte. Wir haben es uns einmal angeschaut und verraten euch unseren Eindruck!

Familie über alles

Auch der dritte Ableger des Franchises orientiert sich natürlich an den Vorgängern, sodass Gemeinsamkeiten unverkennbar vorzufinden sind. Hierbei handelt es sich um einen Mix aus RPG-Elementen mit einem ordentlichen Anteil Wirtschaftssimulation und leichten Aufbauelementen. Wenn ihr es etwas bildlicher braucht: Stellt euch vor, dass ihr einen Hybrid aus Sims, Anno und Crusader Kings vor euch habt, wobei sich Gilde von jedem dieser Franchises einen Aspekt genommen hat.

So steht eure Familie im Mittelpunkt der Geschehnisse, die ihr über mehrere Generationen zu Ruhm, Reichtum und Macht führen könnt. Worauf ihr genau hinarbeiten wollt, könnt ihr noch vor dem Start einer Partie bestimmen. Im Anschluss konfiguriert ihr euch euren Hauptcharakter, den Dreh- und Angelpunkt eurer Dynastie. Damit einhergehend auch, welche Stärken und Schwächen der Charakter hat, welchem Beruf er nachgeht und natürlich in welcher Stadt der 13 ihr eure Dynastie aufbauen möchtet. 

Der Bandit sind … wir

Dabei gibt es viele Möglichkeiten an Wegen, die ihr einschlagen könnt. Entweder startet ihr als am Hungertuch nagender Bauer oder Fischer, bietet Dienstleistungen als Heiler oder Barbier an oder ihr seid einfach ein Banditenanführer, der sich an dem Vermögen der anderen bedient. So oder so müsst ihr aber dafür Sorge traten, dass die Dynastie fortbesteht. Um Nachwuchs zu bekommen, müsst ihr euch auf die Partnersuche begeben. Habt ihr eine/n passende/n gefunden, umwerbt ihr sie oder ihn mit Dialogen und Geschenken.

Normalerweise geht es recht fix, dass sich das Gegenüber an euch „gewöhnt“ und bereit für mehr ist. Also wird eine Heirat vorgeschlagen und die Ehe – samt erster Nacht – vollzogen und so solltet ihr schon bald Nachwuchs erwarten. Das Gute ist, dass ihr euren Partner oder eure Partnerin als kostenlose Arbeitskraft einstellen könnt. Also lohnt es sich auch einen Blick auf die Charakterwerte wie Geschicklichkeit zu werfen, da diese für die Arbeit ebenso wichtig sind wie der Nachwuchs für eure Dynastie.

Steigert das Ansehen!

Ansonsten geht in der Spielwelt von Die Gilde 3 nichts ohne Ansehen und Gold. Gold erhalten wir ziemlich simpel, indem wir arbeiten gehen, oder andere für uns arbeiten lassen, Waren erzeugen und diese dann verkaufen. Entweder am Markt, oder direkt in unserer Produktionsstätte, die auch eine Verkaufsfläche bietet. Zu Beginn können wir uns einen Betrieb und erste Arbeitskräfte leisten, mit zunehmendem Spielfortschritt können wir uns natürlich weitere Betriebe und Arbeiter leisten sowie unsere Stellung innerhalb der Gesellschaft verbessern.

Dafür benötigen wir aber auch Ansehen, das wir generieren können, indem wir von unseren „großen Taten“ preisen, oder wir erkaufen es uns mit Spenden an die Kirche. So oder so ist Ansehen unabdingbar, um die Stellung in der Gesellschaft zu verbessern. So beginnen wir normalerweise als jemand, der über keinerlei Ruf verfügt und sich gerade einmal seinen Betrieb leisten kann. Später bekommen wir dann immerhin auch ein Haus innerhalb der Stadt zugesprochen, können diplomatisch mit anderen interagieren oder uns auf besondere Posten bewerben.

Mord? Ist legal!

Dadurch können wir Gesetze innerhalb der Stadt ändern und Mord und Totschlag beispielsweise legalisieren, um so unbeliebte Konkurrent:innen aus dem Weg zu räumen. Oder wir beeinflussen die Gesetze auf andere Weise zu unserem Vorteil. Diese Posten generieren uns zudem zusätzliches Gold und Ansehen, das wir dann wiederum für andere Aktionen, oder wie eben bereits angesprochen, die Verbesserung unseres Rufs und unserer Stellung nutzen können.

Dabei spielt sich ein sehr großer Teil des Alltags in Die Gilde 3 in Menüs ab, die nicht selten sehr verschachtelt, inkonsistent und teilweise kompliziert sind. Die Möglichkeiten sind vielfältig, aber so sind es auch die Menüs, bei denen es nicht selten vorkommt, dass wir ein paar Minuten gesucht haben, bis wir gefunden haben, wonach wir suchten. Auch, wenn wir uns schon ein, zweimal durch den Dschungel gekämpft haben, bleiben die Orte, an denen wir bestimmte Optionen finden, nicht im Gedächtnis.

Verschachtelte Menüs

Das wird auch nicht besser, wenn unsere Dynastie mehr Mitglieder bekommt. Denn je mehr Betriebe wir führen, je mehr Charaktere für uns arbeiten und je mehr Posten wir bekleiden, desto unübersichtlicher wird die ganze Angelegenheit. Dabei müssen wir uns zwar nicht um jede Kleinigkeit kümmern, aber doch immer mal wieder eingreifen und in die richtige Richtung stupsen. Dadurch wird das eigentlich entspannende Spiel zu einem hin- und herspringen von Micromanagement, das wir bestenfalls in der langsamsten Spielgeschwindigkeit (Zeitlupe) erledigen, weil sonst unter Umständen wichtige Zeit fehlen könnte.

Schön hingegen ist, dass die Bewohner:innen der Welt ihrem eigenen Tagesablauf folgen und sich auch nicht zu 100 % an ihre Aufgaben halten. So kann es vorkommen, dass wir sehen, wie unser Fuhrmann auf dem Rückweg vom Markt einen Schluck Bier gönnt, oder dass eine unserer Mitarbeiter:innen einem Schwarm hinterherläuft und versucht Eindruck zu schinden. Außerdem haben sie Arbeits- und Freizeitzeiten, die sie dann in Kneipen oder auf dem Markt verbringen. Dadurch entsteht ein willkommener „Wuselfaktor“.

Altbackene Grafik

Ebenfalls positiv hervorzuheben ist die Klangkulisse des Spiels, die mit passender mittelalterlicher Musik daherkommt und das Geschehen untermalt. Außerdem gibt es einige Umgebungsgeräusche, die das Ganze, zusammen mit dem „Wuseln“, sehr atmosphärisch herüberbringen. Wohingegen die Optik von Die Gilde 3 leider komplett aus dem Raster und aus der Zeit gefallen ist.

Statt eines charmanten, vielleicht auch eigenen Grafikstils, der für manche das gewisse Etwas hat, für andere aber nicht, bekommen wir lediglich niedrig auflösende und wenig detailreiche Texturen und Charaktere präsentiert, die sich durch das gesamte Spiel ziehen. Lediglich die Icons der Waren sind okay, aber das ist am Ende bedauerlicherweise viel zu wenig.

Fazit

Die Gilde 3 ist, wie eingangs erwähnt, eine Mischung aus Aufbauspiel, Rollenspiel und Wirtschaftssimulation, setzt aber keinen der Aspekte „richtig“ um, sodass am Ende zwar ein unterhaltsamer Mix dabei herumkommt, der aber nicht langfristig fesseln kann. Ich hatte dennoch einige Stunden Spaß damit, und am Ende kommt es wohl darauf an, ob ihr über die schlechte Optik und andere Kleinigkeiten hinwegsehen könnt. Gerade für alteingesessene Gilde-Spieler:innen ist es sicherlich eine Empfehlung, alle anderen müssen mit Bedacht herangehen.

Der PC-Review-Key wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

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